11.03.2019
Veronika Selig
Fünf Fragen an Veronika Selig: Architektin und Leiterin der Regionalgruppe des Netzwerks «Frau und SIA» in Basel.
kreaB: Warum braucht der Berufsverband für Ingenieure und Architekten ein Netzwerk für Frauen?
Veronika Selig: Bevor das Netzwerk gegründet wurde, waren in dem Berufsverband SIA gerade einmal sechs Prozent der Mitglieder Frauen. Das hatte wiederum eine abschreckende Wirkung für neue weibliche Mitglieder. Wir gründeten das Netzwerk «Frau und SIA» als einen Ort, an dem Frauen sich zusammentun, austauschen und für ihre Interessen einstehen können.
Warum fehlt es an Architektinnen in Führungspositionen?
Die Architekturbranche ist sehr männerdominiert und es ist eine grosse Herausforderung, sich als Frau zu behaupten. Es erfordert eine grössere Stärke als für Männer, weil Männer mehr den Erwartungen der männlichen Kollegen entsprechen. Viele davon ticken ausserdem sehr konservativ, wie es die ganze Branche tut. Andere Gründe sind privater Natur. Mit einem Pensum unterhalb von 80 Prozent ist es beinahe unmöglich, in einer leitenden Position zu arbeiten. So fliegen viele Frauen mit Kindern raus. Da sind einerseits die Politik, aber auch die Lebenspartner der Frauen gefragt, sie zu unterstützen.
«Es ist fast unmöglich als Frau an gewisse Positionen zu kommen»
Du bist Geschäftsleiterin eines Architekturbüros. Wie sind deine persönlichen Erfahrungen?
Ich hatte Glück mit meinem Geschäftspartner, der mich für diese Position angefragt hat. Für ihn zählen Kompetenzen, nicht das Geschlecht. Davor habe ich als Angestellte in einem anderen Büro sowie elf Jahre als selbständige Architektin gearbeitet. Da habe ich schon die Erfahrung gemacht, dass es schwierig, bis fast unmöglich ist, als Frau an gewisse Positionen zu kommen. Dabei hatte ich immer ein gutes Verhältnis zu meinen Chefs und meine Arbeit wurde geschätzt. Aber es fühlte sich zuweilen so an, als gäbe es eine gläserne Decke zwischen mir und der Geschäftsleitung. Es kam mir vor wie eine Gemeinschaft, eingeschworen auf eine Art der Zusammenarbeit, die von männlichen Verhaltensmustern geprägt ist. Als Frau ist es wichtig, sich unabhängig davon zu machen. Dass man ein Netzwerk hat und selbständig Bürogemeinschaften oder Partnerschaften eingehen kann. Genau deshalb gibt es das Netzwerk «Frau und SIA».
Was habt ihr bisher erreicht?
Jede Regionalgruppe hat ihren eigenen Fokus. In Basel bieten wir monatlich gemeinsame Mittagessen an, um Erfahrungen auszutauschen und sich zu vernetzen, oder laden zu Besichtigungen ein. Die Regionalstelle Basel hat heute 180 Interessierte im Verteiler, unsere Veranstaltungen sind fast immer ausgebucht. Auch mein eigenes Netzwerk hat sich in der Zeit potenziert. Als ich anfing, war noch keine Frau im Vorstand des SIA. Heute sind es drei - und ich bin als nächste für die Vorstandswahlen im April nominiert. Und: Die Zahl der weiblichen Mitglieder des SIA ist von sechs auf mittlerweile 13 Prozent gewachsen. Das liegt sicher nicht nur an dem Netzwerk, sondern auch an einem Generationenwechsel, der gerade stattfindet.
Und wo wollt ihr hin?
Das ist immer die Frage: wann braucht es das Netzwerk nicht mehr? Persönlich würde ich mir einen Mitgliederanteil von mindestens 25 Prozent Frauen wünschen. Ich denke, dort fängt es an, dass es sich für Frauen normal anfühlt, dabei zu sein. Darauf kann man aufbauen.